Praxisbeispiel
Beschreibung
Die alte Gestaltung der Mehrstettener Ortsmitte, vor allem des Marktplatzes, scheint heute nicht mehr zeitgemäß, die Anforderungen an die Barrierefreiheit sind nicht erfüllt und ein Leerstand von Gebäuden ist zu verzeichnen. Es setzte sich die Überzeugung bei der Verwaltungsspitze durch, dass mit den Bürger:innen zusammen über die Umgestaltung und Nutzung des Marktplatzes nachgedacht werden sollte, um wieder einen lebendigen und lebenswerten Ortskern zu erhalten. So wurde ein breiter Beteiligungsprozess gestartet.
Die Ideen wurden auf zweierlei Weise vor Ort mit den Bürger:innen gesammelt: Zum einen wurden „Ideenboxen“ im Ort aufgestellt, sodass über eine Laufzeit von zwei Wochen Ideen und Wünsche auf einem Zettel notiert und dort eingeworfen werden konnten. Zum anderen wurde dann eine dreitägige nonconform-Ideenwerkstatt eröffnet. Interessierte konnten den ganzen Tag über vorbeikommen und mit den Planer:innen über ihre Ideen für den Ort sprechen. An den Abenden wurde im Format von „Stammtischen“ miteinander diskutiert. Für die Veranstaltung wurde unter anderem auf Bierdeckeln in den örtlichen Lokalen geworben. Nicht-mobile Personen konnten sich vom Gemeinderats-Taxi zu Hause abholen lassen. Schulklassen wurden eingeladen und das Jugendzentrum vor Ort von den Planer:innen besucht. Die Ideenzettel wurden vom Team ausgewertet, Räumlichkeiten und Grundstücke im Ort zusammen mit lokalen Akteur:innen besichtigt und Möglichkeiten für Um- und Neubaumaßnahmen ausgelotet. Rund 300 Ideen der Bürger:innen zur Entwicklung des Marktplatzes wurden gesammelt und vor Ort zu einem Konzept ausgearbeitet. Das große „Werkstattprotokoll“ ist öffentlich einsehbar auf der Beteiligungs-Homepage der Gemeinde: www.mehrstetten-mittendrin.de. Diese Internetseite wird von der befristet eingestellten, mit ESF REACT-EU-Mitteln geförderten Quartiersmanagerin auch genutzt, um weitere Bürgerprojekte voranzubringen.
Aus einem Großteil der eingebrachten Ideen war ablesbar, dass es eine große Nachfrage nach kleinen und bedarfsgerechten Wohnungen gibt – nicht nur nach altersgerechten oder betreuten Wohneinheiten, sondern auch nach Single- und Starter-Wohnungen oder für eine altersgerechte Wohngemeinschaft. So wurde das Konzept entwickelt, das Grundstück in der Bahnhofstraße 8 für ein verdichtetes Wohnprojekt mit neuen Wohnformen und Gemeinschaftsräumen bzw. Gemeinschaftsflächen zu nutzen. Am Marktplatz 19 wiederum soll ein Gebäude entstehen, welches Platz zum Leben und Arbeiten bietet. Im Erdgeschoss ist ein multifunktionaler Raum vorgesehen, der Platz für Gemeinderatssitzungen, Lesungen, Workshops, kleine Konzerte, Vereinssitzungen und vieles mehr bietet. Die fußläufige Verbindung zwischen den beiden vorgenannten Objekten könnte mit einfachen Mitteln in eine ökologisch wertvolle Grünfläche umgewandelt werden, die zum Verweilen einlädt. Während der Ideenwerkstatt zeigte sich auch ein Bedarf an Coworking-Arbeitsplätzen sowie Vereinsbüros.
Auch wurden viele Ideen zur Umgestaltung des Marktplatzes gesammelt, um eine höhere Aufenthaltsqualität zu erhalten: Diese reichten von Verkehrsberuhigung bis hin zur Begrünung, von einem Wasserelement über Spielgeräte bis hin zu attraktiven Sitzgelegenheiten. Gleichzeitig sollen Barrieren für Kinderwägen und Rollatoren beseitigt werden, was die Überquerung der Durchgangsstraße am Marktplatz erleichtern soll. Schließlich liegt diese „Kernzone“ einerseits zwischen dem im Bau befindlichen Nahversorgungszentrum (Hausarztpraxis, Tagespflegeeinrichtung und Dorfladen mit Café-Ecke) und den beiden angedachten neuen Projekten, andererseits auch zwischen dem Neubaugebiet und dem Bereich, in dem Schule, Kindertagesstätte, und Sportplatz angesiedelt sind und in dem in naher Zukunft ein Spielplatz entstehen wird.
Das Projekt wurde durch das Förderprogramm „Quartiersimpulse“ im Rahmen der Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“ unterstützt.